Shakespeare,
das Pseudonym des Edward de Vere
Aus
dem Schulunterricht ist man gewohnt, einen gewissen Provinzkaufmann
aus Stratford gleichen oder ähnlichen Namens für den Autor
des Shakespeare-Werkes anzusehen. Die Orthographie spricht allerdings
dafür, dass seine Zeitgenossen den Namen Shakespeare
für ein sprechendes Pseudonym gehalten haben: Auf 19 von 49 Ausgaben
vor 1623 erscheint der Name in der Schreibung Shake-Speare. Der Speer-Schwinger
ist die Göttin Athene, die für das Theater und den Krieg zuständig
war. Der besagte Kaufmann andererseits wurde von ihm selbst beziehungsweise
den Schreibern vor Gericht und im Pfarrhaus Shaxpere, Shakspere, Shaxbere,
Shagspere, Shakspeyr, Shakspe oder ähnlich geschrieben, nie aber
Shakespeare.
Die einheitliche Phonetik deutet dabei auf ein kurzes /a/ in der ersten
Silbe hin und darauf, dass der Name nicht als ein sprechender verstanden
wurde.
Nun, dies ist noch kein wesentlicher Einwand gegen den Kaufmann, besonders
wenn man den orthographischen Freiheitsgeist des viktorianischen Zeitalters
in Betracht zieht, der ja durch dieses Beispiel bereits demonstriert
ist. Was aber gegen ihn spricht ist, dass sich in seinem Nachlass kein
einziges Buch befand und sein Testament mit keinem Wort literarische
Werke oder Rechte erwähnt. Ferner zeigt sein Grabmal einen Mann,
der die Hände auf einen Kornsack legt. Erst über 100 Jahre
nach seinem Tod wurde das auf dem Friedhof in Stratford zu sehende Grabmonument
von "William Shakespeare" mit einer Feder und einem Buch errichtet.
Es ist heute, nach London, die größte Touristenattraktion
Englands - und so falsch wie das Grabmal sind wohl auch alle anderen
Belege, die die Person des Krämers Will Shakspere aus Stratford
mit dem Dichter der Shakespeare-Dramen identifizieren.
Der Streit um den "wahren" Shakespeare tobt seit über
200 Jahren, über 30 verschiedene Autoren wurden ins Spiel gebracht,
der berühmteste darunter Francis Bacon. Aber erst in jüngster
Zeit haben sich die Indizien so auf eine Person verdichtet, dass von
einer Lösung gesprochen werden kann. Edward de Vere, 17. Earl of
Oxford - Schatzkanzler von Elisabeth I. und als "Propagandaminister"
zuständig für das Theater - wird schon seit den 20er Jahren
als "heißer" Kandidat gehandelt. Doch erst 1992 machte
sich ein Doktorand die Mühe, die persönliche Bibel des Earls
zu sichten, und entdeckte erstmals die umfangreichen Unterstreichungen
und handschriftlichen Randnotizen - genau an den Stellen, die als Bibelzitate
in Shakespeares Werken auftauchen. Da sich ein Krämer aus der Provinz
nicht die Prachtbibel eines Feudalherrschers ausleihen konnte, muss
es so gewesen sein, dass der Lord-Kämmerer de Vere "Shakespeare"
als Pseudonym gewählt und den Kornhändler als Strohmann genutzt
hat.
Shakespeares Werk verrät eine umfassende Bildung, Kenntnis toter
und lebender Sprachen, Musik und bildender Kunst, fremder Länder
(insbesondere Frankreichs und Italiens), der Seefahrt, Botanik, Medizin,
Juristerei und ihrer Fachbegriffe und diverser Sportarten (die, wie
das Kegeln und die Falkenjagd, den Adligen vorbehalten waren). Der Dichter
hat den Wortschatz der englischen Sprache wesentlich erweitert, etwa
3.200 Wörter erscheinen bei Shakespeare zum ersten Mal. Dem Kaufmann
aus Stratford aber vermag die Phantasie der Biographen nur mühsam
eine rudimentäre Volksschulbildung zu verschaffen. Sein Vater war
Analphabet. Erstaunlicher noch: Auch seine Kinder waren Analphabeten.
Überhaupt hat der Mann aus Stratford nichts Überdurchschnittliches
an sich.
Shakespeares kompromisslos aristokratische Weltsicht ist nur schwer
mit einem bürgerlichen Autor in Einklang zu bringen. Shakespeares
Anteilnahme gilt immer dem Hochadel. Das einfache Volk dient
dem Erzeugen von Heiterkeit, es hat sprechende Namen, Mistress Quickly
und Justice Shallow. Bei einem typischen bürgerlichen Autor der
Epoche, Ben Johnson, gilt das Gegenteil: die Bürger sind genau
beobachtet, natürliche Charaktere, die Adeligen hingegen Karikaturen.
Sie heißen Sir Amorous La -Foole, Sir Epicure Mammon, Sir Diaphanous
Silkworm.
Der englische Schullehrer Thomas Looney, unternahm Anfang des 20. Jahrhunderts
den Versuch, unter der englischen Hocharistokratie nach der viktorianischen
Pallas Athene zu suchen. Er stieß auf Edmund de Vere, 17ter Graf
von Oxford: Trotz seines gewalttätigen und störrischen
Wesens, seines exzentrischen Geschmacks, was Kleidung anlangte, und
der ruchlosen Verschwendung seines Vermögens bewies Oxford einen
untrüglichen Geschmack für Musik und schrieb Verse von großer
lyrischer Schönheit. [...] Puttenham und Meres hielten ihn für
den besten Komödienschreiber seiner Zeit; doch obwohl er ein Mäzen
des Theaters war, haben keine Beispiele für seine dramatische Produktion
überlebt. Wie es den Anschein hatte, stellte dieser begabte
Dichter seine literarische Tätigkeit ausgerechnet um 1585 ein,
als William Shakespeare allem Vermuten nach zu dichten begonnen haben
muss. Shakespeares literarische Produktion endet mit de Veres Tod, während
Shakspere aus Stratford noch einige erklärungsbedürftige Jahre
weiterlebte. Weitere Nachforschung ergab, dass alles, was über
den Earl in Erfahrung zu bringen war, bis in nebensächliche Details,
auf die eine oder andere Weise seinen Widerhall in Shakespeares Texten
findet.
Entspringt die Oxford-Hypothese dem antibürgerlichen Snobismus
des Intellektuellen, wie die Stratfordians behaupten
oder ist, nach Henry James, der göttliche William
der größte und erfolgreichste Betrug [...], der je an einer
geduldigen Welt begangen wurde? Jedenfalls macht es mehr Spaß,
das Shakespeare-Werk als Hinterlassenschaft eines überzeugten
und überaus arroganten Aristokraten zu lesen, als darin
das Werk eines bürgerlichen geborenen Höflings
zu sehen, d.h. eines geborenen Heuchlers.
Quellen:
Walter Klier: Das Shakespeare- Komplott
Mathias Bröckers: http://www.hanfmedien.com/hanf/archiv/artikel/1781/